Die Querkraftbemessung von Spannbetonbrücken erfolgte zwischen 1950 und 1975 auf Basis eines Hauptzugspannungsnachweises im ungerissenen Zustand. Bei Einhaltung der zulässigen Zugspannung konnte die geforderte Querkraftbewehrung im Ermessen des planenden Ingenieurs frei gewählt werden. Dies führte vor allem im scharfen Wettbewerb zu sehr geringen Schubbewehrungsgraden.
Bei einer Beurteilung der Querkrafttragfähigkeit mit den heutigen Normen ergibt sich daher in den meisten
Fällen ein deutliches rechnerisches Defizit. Dieses ist im Bereich der
Innenstützen von Mehrfeldbrücken besonders ausgeprägt, da dort eine
große Biegebeanspruchung auf die maßgebende Querkraft trifft und dies
nach dem aktuellen Wissensstand einen negativen Einfluss auf die
Schubtragfähigkeit ausübt.
Das Querkrafttragverhalten von Spannbetonträgern mit geringer
Schubbewehrung wurde im Stützbereich (M/V-Interaktion) bislang nur sehr
unzureichend experimentell untersucht. Daher wurde eine umfangreiche Versuchsreihe an
großmaßstäblichen, mehrfeldrigen Spannbetonbalken mit geringer
Schubbewehrung geplant und durchgeführt.
Mein Kollege Patrick Huber hat in seiner Dissertation ein realistischeres Modell vorgestellt, welches am Endfeld der Brücke angewendet werden kann. Auf Basis der von mir geplanten Großversuche wurde dieses Modell nun erweitert. Spannbetonträger mit
einer Länge von 14m und 75cm Höhe wurden mit hydraulischen Pressen
gezielt belastet, bis sich große Risse bildeten und die Versuchsträger
schließlich versagten. Durch die Erkenntnisse aus solchen Versuchen
wurde bereits ein Berechnungsmodell erstellt, mit dem sich die
Tragfähigkeit von Brücken viel realistischer beurteilen lässt als
bisher. Dies kann in unserem neuesten Artikel nachgelesen werden: https://onlinelibrary.wiley.com/doi/full/10.1002/best.201800025
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